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Kerzen Schattenseiten
Nachhaltigkeit, Wissen

Nachhaltige Kerzen? Kerzen und ihre Schattenseiten.

Gerade jetzt, wo es früher dunkler wird, der Nebel manchmal den ganzen Tagen nicht weichen möchte und einfach nur nass und kühler ist, machen wir es uns drinnen gerne gemütlich. Einen heißen Cappuccino, eine duftende Tasse Tee und etwas Kerzenlicht. Der Kaffee ist natürlich fair angebaut und biologisch, die (Pflanzen-)Milch darin auch. Der Tee sowieso und natürlich plastikfrei. Und die Kerzen? Die wurden oft „einfach mal irgendwo mitgenommen“, z. B. in Drogerien, Discountern, Supermärkten, Kerzen- oder Dekogeschäften. Nicht zu vergessen unterhaltsame Kerzenabende, bei denen man nicht nur tolle Kerzen kaufen, sondern auch die „Schnäppchen“ seines Lebens machen kann… Dabei gibt es mittlerweile Alternativen aus Soja, Raps, Biomasse oder Bienenwachs, die zumindest mehr Nachhaltigkeit versprechen.

Wieso wir herkömmliche Kerzen meiden sollten.

Jeder einzelne von uns lässt im Schnitt jährlich 2,4 Kilogramm Kerzen abbrennen. Das ist schon eine Menge, vor allem auch wenn ich daran denke, dass bei uns zuhause deutlich öfter ich diejenige bin, die eine Kerze anzündet. Somit liegen bei mir, statistisch gesehen, eher 4,8 Kilo, wenn mein Mann keine 2,4 verbraucht. Die Kerzen, die wir kaufen, stammen war noch ungefähr zur Hälfte aus deutscher Produktion, wir importieren aber weiter zunehmend aus Polen und China. 

Dabei sind die konventionellen Kerzen, wie man sie überall erhält, ziemlich problematisch. Gegenüber der Umwelt und unserer Gesundheit. Höchste Zeit also, das Thema etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. 

Drei von vier Kerzen auf dem deutschen Markt sind Paraffinkerzen. Paraffin ist nichts anders als ein Nebenprodukt bei der Erdölraffinerie. Du bringst mit diesen Kerzen nichts anderes in deine vier Wände als eine Öllampe voller Rückstände, die sich dann wo ablegt? In deinem Zuhause. Paraffin brennt aufgrund seines niedrigen Schmelzpunktes zudem sehr schnell ab und Erdöl ist schlicht eine endliche Ressource. Das Produkt sollte so gut wie es geht gemieden werden

Stearin-Kerzen – eine nachhaltige Alternative?

„Alles easy, dann kaufe ich diese „Bio-Kerzen“, die etwas teurer sind und direkt neben den normalen im Regal stehen.“ Ist das die Lösung? Leider ist auch hier Vorsicht geboten, denn diese enthalten meistens konventionell gewonnenes Palmöl. Heißt also, damit das Palmöl nicht viel kostet und die Kerzen nicht viel teurer sind als die herkömmlichen, wird so billig wie möglich abgebaut. Weder fair noch sozial noch in Maßen noch mit Kontrollen bezüglich Abholzungen und Zerstörung der Lebensgrundlage vor Ort. 

Diese Kerzen erhältst du als sogenannte Stearin-Kerze. Ich muss zugeben, als ich es noch nicht besser wusste habe ich mich auch blenden lassen und Stearin-Kerzen gekauft. Die sehen hübsch aus (haben oft eine hübsche Struktur und Schimmer) und du hast aufgrund des höheren Schmelzpunktes länger etwas von der Kerze. Zudem rußt und tropft sie weniger. Stearin-Kerzen sind zwar teurer als konventionelle, werden aber immernoch zu einem günstigeren Preis angeboten, als Alternativen aus Raps, Soja oder Bienenwachs. Heute weiß ich, wie dieser zustande kommt und was die Konsequenzen dafür sind. Übrigens darf eine Kerze schon als Stearinkerze verkauft werden, obwohl zehn Prozent des Wachses aus Paraffin besteht.

Es gibt auch Stearin-Kerzen, die aus anderen Rohstoffen bestehen, was aber leider nicht immer besser ist. Zum Beispiel Raps-, Oliven- oder Kokosöl sowie Fette aus der Nutztierhaltung oder biologisch abgebautes Palmöl aus zertifiziertem Anbau. Kokosöl ist leider keine wirkliche Alternative, da die Kokospalme viel mehr Fläche benötigt für die gleiche Ölmenge und somit die Problematik und den Druck auf den Regenwald verstärken kann.

Kerzencheck der Deutschen Umwelthilfe

Die DUH hat einen interessanten Check zu Kerzen mit Palmöl veröffentlicht mit wissenswerten, wenn auch teilweise traurigen, Fakten. Darin wurden 52 Unternehmen aus den Bereichen Herstellung, Drogerie, Supermarkt, Möbelhaus, Baumarkt, Dekohandel usw. zu Inhaltsstoffen und Kerzenprodukten befragt. Unter anderem legt der Check offen, welche Kerzenanbieter oder Händler angeben, woher das verwendete Palmöl stammt und welche gar keine Infos liefern wollen/können. Denn diese Angaben sind immernoch nicht verpflichtend. Hier fehlt eine klare gesetzliche Vorgabe zur Deklarationspflicht und die (alte) Bundesregierung setzte hier auf Freiwilligkeit. 

Diese Freiwilligkeit scheint gemäß DUH ausgenutzt zu werden, denn „Branchen mit den meisten intransparenten Kerzenanbietern sind Möbelhäuser, Deko-Anbieter, Großhandel und Baumärkte. (Abb. 6) (…) Das Risiko, durch Kerzenkäufe neue Tropenwaldrodungen und den Einsatz von Brandrodung zu begünstigen, besteht insbesondere beim Einkauf bei NANU-NANAWOOLWORTHBaumann CreativeDEPOTBayerische BlumenzentraleG. WurmzentradaBAUHAUSHELLWEGHORNBACHhagebauOBIHöffner,ROLLER und XXXLutz. Unternehmen aus weiteren Branchen weisen keine Transparenz zum Ausschluss nicht-zertifizierten Palmöls auf (…): der Drogeriemarkt Müller, OTTO Versandhandel sowie die Kerzenhersteller Bispol, Bolsius, G & W Jaspers und Kerzenfarm Hahn.“1

Diagramm über die Transparenz zum Einsatz nachhaltigen Palmöls in Kerzen in sieben unterschiedlichen Marktsegmenten auf Basis von Webseitenangaben von 52 ausgewählten Unternehmen. Quelle: DUH
Abbildung 6: Transparenz zum Einsatz nachhaltigen Palmöls in Kerzen in sieben unterschiedlichen Marktsegmenten auf Basis von Webseitenangaben von 52 ausgewählten Unternehmen. Quelle: DUH

So, und jetzt Hand hoch, wer in diesen Branchen oder bei diesen Händlern noch nie eine Kerze gekauft hat. Ich weiß, traurig. Das Problem ist also nicht das Palmöl an sich, sondern der Abbau, welcher unbedingt nachhaltig erfolgen muss.

FONAP (Forum nachhaltiges Palmöl)

Jetzt wo du es weißt, kannst du es auch besser machen. Als ersten Orientierungspunkt, kannst du dich an Produkte der Mitglieder des FONAPs halten. Mitglieder des FONAPs haben sich dazu verpflichtet, nur nachhaltig abgebautes und produziertes Palmöle in ihren Produkten zu verwenden. Die Nachverfolgbarkeit des Palmöls ist ebenfalls ein Thema. Dies bestätigt die DUH in ihrem Report auch. (Seite 13 des Checks) Keines dieser Mitglieder schneidet schlecht ab. Auch wenn nur drei der Mitglieder transparent Auskunft gaben über die Herkunft des Palmöls (dm Drogeriemakrt, gebr. Müller und Kerzenfabrik), ist das trotzdem ein guter erster Schritt in Richtung mehr Nachhaltigkeit. 

Das Paradoxe: gemäß DUH Kerzencheck wären die Mehrkosten einer 100er-Packung Teelichter weniger als 3 Cent, wenn das Palmöl (bei 50% Palmölanteil und unvermischtem zertifizierten Palmöl) dafür sozial- und umweltverträglicher abgebaut würde. Wieso schaffen das also nicht mehr Kerzenanbieter als die Mitglieder des FONAPs oder Hersteller, die Kerzen ganz ohne oder nur mit zertifiziertem Palmöl anbieten?

Falls dich der ganze Check interessiert, habe ich ihn unten in den Quellen verlinkt. Ab Seite 21 siehst du die einzelnen Unternehmen in einer Übersicht zum Vergleichen und besseren Einordnen.

Du willst es noch besser machen? Glücklicherweise gibt es sie ja auch – Kerzen, die etwas ökologischer sind und nachhaltiger abschneiden.

Kerzen aus Biomasse: das Öko-Teelicht

Ich kenn vor allem Teelichter, die aus Biomasse hergestellt wurden. Diese sind eine gute Alternative zu den oben genannten, konventionellen Kerzen und bestehen aus Fetten und Ölen (nachwachsenden), Nebenprodukten und Resten, die bei der Lebensmittelproduktion entstehen. In unserem Unverpacktladen bekommen wir sie sogar plastikfrei, als lose Ware.

Plastikfrei verpackt habe ich sie aber auch schon bei verschiedenen nachhaltigen Onlineshops gesehen.

Kerzen aus anderen natürlichen Rohstoffen

Alle Kerzen aus Soja, Raps oder Bienenwachs sind auch eine nachhaltige Alternative und basieren auf organischen Abfallstoffen oder Nebenerzeugnissen. Bei Kerzen aus Soja und Raps ist es wichtig darauf zu achten, dass die Rohstoffe frei von Gentechnik sind. Idealerweise werden sie möglichst heimisch oder zumindest in Europa angebaut. 

Kerzen aus Soja und Raps

Beide Kerzenmassen können im Vorteil sein was Anbau und Nachhaltigkeit sind etwas teurer als Kerzen aus Raps, aber sehr hübsch in der Oberfläche und Konsistenz. Sie brennen sehr schön ab und rußen nicht. 

Leider hat die Sache mit Raps und Soja einen kleinen Haken. Als alleinige Kerzengrundlage sind sie nicht die optimale Lösung. Die Nachfrage nach diesen alternativen, nachwachsenden Rohstoffen wir in Zukunft vermutlich stark steigen. Um die gleiche Menge Rapsöl zu gewinnen wie Palmöl, benötigt man jedoch 5-fach soviel Fläche. Wenn wir also das ganze Palmöl ersetzen wollen mit heimischem Raps, haben wir irgendwann das Problem zu viel Fläche zu benötigen und das auch noch mit Monokulturen. Auch hier ist es also mal wieder das Maß, das entscheidet. Die DUH schätzt, dass die Kombination von nachwachsenden Rohstoffen aus Europa oder heimischen Anbau, zusammen mit einem gemäßigten Anteil an nachhaltig angebautem Palmöl aus Mischkultur, zukunftsfähiger ist. Ich denke die Lösung ist wie immer auch ein bewusster Konsum. 

Bienenwachskerzen

Bienenwachskerzen sind die natürlichste Variante unter den Kerzen und dürfen sich nur so nennen, wenn sie zu 100% aus Bienenwachs bestehen. Unter den mir bekannten nachhaltigen Alternativen, sind diese Kerzen wohl die teuersten, aber eine sehr sehr schöne Alternative. Der hohe Preis kommt daher, dass Bienenwachs ein im Vergleich knapper Rohstoff ist. Bienenwachs entsteht dadurch, dass Bienen ganz kleine Wachsplättchen ausschwitzen. Wer sich nun bei der Größe der kleinen Bienchen vorstellen kann, wie winzig das Wachs sein muss, kann sich vielleicht auch denken, wieso es so wertvoll ist. Hier gilt noch mehr als bei anderen Rohstoffen: genieße dein Kerzenlicht lieber weniger häufig, aber dafür bewusst, als etwas ganz Besonderes. 

Wir nutzen seit Jahren für unseren Adventskranz nur Bienenwachskerzen und entscheiden uns bewusst dafür, dass dann kaum andere Kerzen brennen. Gerade beim Adventskranz, der bei uns auf dem Esstisch steht, ist es mir wichtig eine „saubere“ Kerze brennen zu haben. Hier sitze ich so nah dran, dass ich ein natürliches Produkt möchte. Zudem duften Bienenwachskerzen so so gut, finde ich. Selbst wenn sie gar nicht brennen duften sie schon herrlich. 

Wichtig hier zu erwähnen und neben dem Preis wohl der größte Nachteil: Bienenwachskerzen sind nicht vegan, denn es handelt sich um ein tierisches Produkt. Hier sind sich selbst Veganer nicht einig, aber ich finde das sollte bewusst in die Konsum-Entscheidung einfließen.

Wenn du Bienenwachskerzen kaufst, achte auch hier auf eine klare und gute Herkunft. Es gibt bei uns tolle integrative Einrichtungen, die zum Beispiel Menschen mit Behinderung einen Arbeitsplatz bieten. Sicher gibt es so etwas auch in deiner Nähe. Wie bei allem, was du konsumierst gelten auch hier wichtige Kriterien wie sozial, fair, regional, umweltfreundlich usw. um nachhaltig zu entscheiden.

Was tun mit Wachsresten? Eine echte Alternative…

Selbst die schönste und qualitativ beste Kerze brennt nicht vollständig ab. Bei unseren Stabkerzen aus Bienenwachs schaffen wir es zwar auf weniger als einen Zentimeter, aber ein Rest bleibt immer. Außerdem wäre es je nach Kerzenhalter oder Behältnis teilweise gar nicht möglich, sie restlos abbrennen zu lassen. Egal welches Wachs zu wählst – Kerzenwachs ist ein wertvolles Gut. Reste davon sollten also definitiv nicht einfach weggeworfen werden. Etwas wiederzuverwenden oder zu verwenden was du bereits hast, ist so gut wie immer das nachhaltigste. Die nachhaltigste Kerze ist somit ganz klar eine selbstgegossene aus Resten.

Schalen mit eingeschmolzenen Waxhsresten und Flamme.

Wie bei Lebensmitteln kannst du die Wachsreste dazu sammeln und dir neue Kerzen damit gießen. Das ist gar nicht schwierig und du benötigst nur wenige Utensilien. Die meisten hast du vermutlich sowieso schon zuhause. Ein richtiger Zero Waste Hack und so einfach. 

Das ist dir zu aufwendig? Es gibt zahlreiche andere Möglichkeiten um Kerzenwachs zu verwerten. 
  1. Sammle deine Reste und Frage Freunde und Bekannte oder stelle sie auf Ebay Kleinanzeigen. 
  2. Bei uns im Unverpacktladen gibt es eine Kiste, in der alte Kerzenreste gesammelt werden. Diese werden eingeschmolzen und so wiederverwendet.
  3. Eine Alternative ist auch ein Schmelzfeuer. Das besteht im Grunde aus einem feuerfesten Topf mit einem Glasfaserdocht in der Mitte. Um den Docht herum befinden sich ringförmig die Wachsreste und erhitzen sich durch die Wärme des Dochts. Gleichzeitig speisen sie ihn und sorgen so für ein schönes Licht, das nur aus Kerzenresten entsteht. 
  4. Kaminanzünder selber basteln. Mit Eierschachteln, Holzwolle oder Tannenzapfen und etwas Kerzenwachs, kannst du dir ruck zuck eigene Anzünder für den Ofen basteln. 
  5. Mit reinen Resten von Bienenwachs, kannst du deine Wachstücher auffrischen oder neue machen.

Meine Lösung: bewusst kaufen, bewusst anzünden. 

Beim Kerzenkauf lohnt sich Qualität nicht nur in Bezug auf die Umwelt, sondern auch in Bezug auf Preis-Leistung. Die Herstellungsart der Kerze ist fast noch entscheidender als die Wachsart, wenn es um das Abbrennen geht. Von Hand gezogene oder gegossene Kerzen brennen deutlich länger und gleichmäßiger ab, als konventionelle Kerzen, die aus Paraffin-Granulat gepresst werden.

Welche Kerzen du auch kaufst, denke immer an die Konsequenzen und ob du das wirklich so verantworten möchtest. Mir hilft genau das bei den meisten Dingen – das Ganze bis zum Ende (versuchen) durchzudenken und erspart mir einige traurige Momente und Erkenntnisse. 

Außerdem habe ich so natürlich viel mehr Freude am Kerzenlicht. Vor allem in der dunklen Herbst- und Winterzeit, wenn man drinnen sitzen und die Stürme, das Treiben und den Schnee warm eingepackt beobachten darf.  Mehr Tipps zu einem bewussten Konsum und den Fragen, die du dir dabei stellen solltest, findest du hier.

Was sind deine Lieblingskerzen? Hast du vielleicht noch einen weiteren Tipp zur Verwertung von Kerzenwachs?

Quellen: 

European Candle Association
Kerzencheck zu Palmöl 2020

3 KeepCup ToGo Becher
Wissen

Einwegbecher vs. Mehrwegbecher

Einwegbecher versus Mehrwegbecher – was ist denn nun besser? Ich denke immer wieder „das weiß doch mittlerweile jeder“. Und trotzdem wird da leider einiges dafür getan, dass solche Infos nicht bei uns allen ankommen. Einwegbecher sind alles andere als nachhaltig.
Weiß man doch? Die Fakten sagen leider etwas anderes: Wir Deutschen verbrauchen jede Stunde (!) ca. 320 000 dieser Becher für Kaffee, Tee & Co. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen – jede Stunde! Und die verschlingen nicht nur viele Ressourcen, sondern können nicht einmal recycelt werden. Nachhaltigkeit und Zero Waste gehen anders.

Produktion aus Recycling-Papier?

Fehlanzeige. Alleine für die Produktion der Pappbecher werden bei uns pro Jahr 17 500 Tonnen Papier verbraucht. Noch dazu kommt, dass kaum Recyclingpapierfaser genutzt wird. Das heißt, für die neu gewonnenen Fasern werden Bäume gefällt – gemäß DUH mehr als 26 000 Bäume im Jahr.

Zum neu gewonnenen Papier kommen große Mengen Kunststoff dazu. Ein gewöhnlicher 0,3 l Pappbecher enthält circa fünf Prozent Polyethylen. Für unseren genannten Jahresverbrauch bedeutet das 1 000 Tonnen Polyethylen. Gemäß Umweltbundesamt werden 70 % der Pappbecher mit einem Kunststoffdeckel ausgegeben. Die Herstellung dieser Deckel verschlingt nochmals große Mengen an Kunststoff.

Pro Pappbecher werden zudem mehr als ein halber Liter Wasser benötigt. Und wir haben bisher noch nicht einmal über den Transport, die Lagerung oder das Entsorgen gesprochen. Denn das ist nicht so einfach wie man vielleicht denkt.

Pappbecher sind doch aus Papier

Mein Lieblings-Argument ist „die sind doch aus Papier“. Es ist wohl kaum nötig zu erklären, dass ein echter Papierbecher die Flüssigkeit vielleicht drei Sekunden halten könnte. Zu den oben erwähnten, neu gewonnenen Papierfasern kommen natürlich noch große Mengen an Kunststoff hinzu. Denn natürlich sind die Becher innen mit Kunststoff beschichtet – ist ja eigentlich logisch. Das bedeutet, dass ein sauberes Recyceln nicht möglich ist.

Weder in die gelbe noch in die blaue Tonne

Die mit Per- und Polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) beschichteten Becher können weder über die gelbe noch über die blaue Tonne richtig recycelt werden. Wenn sie in die gelbe Tonne gelangen, werden sie zur Papierfraktion zugeordnet und landen letztendlich im Papierrecycling. Und jetzt kommt das große Aber. Denn weil sich die Papierfaser kaum vom Kunststoff löst, wir das Ganze als sogenannter „Spuckstoff“ separiert und wie normaler Restmüll verbrannt. Das ist die traurige Wahrheit.

Neben diesen Bechern gibt es natürlich auch noch Plastikbecher aus Polystyrol z. B. aus den Kaffeeautomaten. Die sind mindestens so schlecht wie die Pappbecher und sollten natürlich auch vermieden werden im Alltag. Zumindest sollte bei diesen klar sein, dass sie aus Kunststoff sind. Auf diese aber näher einzugehen, wäre ein Thema für sich und würde den Post sprengen.

Noch so ein Argument…

Leider gibt es auch immernoch Händler, die die Mehrwegbecher ablehnen und nicht befüllen. „Aus Hygienegründen“ – noch so ein tolles Argument. Der Lebensmittelverband Deutschland hat hierzu ein Merkblatt herausgegeben, auf das man jederzeit nett hinweisen kann. Darin sind der Umgang und die Akzeptanz klar beschrieben. Ich hatte ironischerweise gerade dieses Jahr nicht ein einziges Mal Probleme an der Theke, habe aber auch immer nur den Becher abgegeben und den Deckel selbst aufgesetzt. Voraussetzung ist, dass dein Mehrwegbecher sauber ist.

Immer mehr Händler schließen sich auch Pfandsystemen an. Hier gibt es zum Beispiel Recup oder Faircup. Fragt mal bei eurem Bäcker oder Café nach, ob sie die nicht auch aufnehmen möchten. Funktioniert super, ist umweltfreundlicher und Kundenbindung ist es auch noch z. B. in Verbindung mit Stempelkarte oder Nachlass. Also win-win-win 😉

Verbraucht die Herstellung von Mehrwegbechern nicht mehr Ressourcen?

Ja, das stimmt. ABER, Mehrwegbecher sollen ja auch nicht nach zweimaliger Nutzung entsorgt werden, sonst hießen sie ja nicht Mehrwegbecher. Die Rechnung ist wie bei anderen Pfandsystemen ganz einfach. Je häufiger und länger du deinen Becher benutzt, desto besser deine Bilanz. Laut DUH spart die Wiederbefüllung eines Bechers im Vergleich zur Neuherstellung eines Einwegbechers 430ml Wasser und 0,1 kWh Energie und vermeidet 21g CO2. Ich finde das immer sehr abstrakt und es hört sich nach wenig an. Das gilt aber pro neue Befüllung und wenn man das auf nur 100 Füllungen hochrechnet, sieht es schon anders aus. Aber auch hier kommen „Reuse“ und „Refuse“ (5Rs zu Zero Waste) wieder ins Spiel. Nur weil es noch hunderte schönere oder bessere zu kaufen gäbe, sollten wir nicht blind losrennen und konsumieren. Verwende deinen Becher so lange bis er irreparabel ist.

Deine Gesundheit ist irreparabel

Und wem das jetzt noch nicht genügend Argumente für Mehrweg und Nachhaltigkeit sind – da gibt es natürlich auch noch den gesundheitlichen Aspekt. Schon mal darüber nachgedacht, dass die PFAS im Becher in die Getränke übergehen und damit von dir aufgenommen werden? Gruseliger Gedanke, der mittlerweile auch bestätigt ist. Diese PFAS können deine Infektanfälligkeit erhöhen, bei Babys für ein geringeres Geburtsgewicht sorgen und setzen sich generell in deinem Körper ab. Am Ende entscheidet aber natürlich jeder selbst, was er seinem Körper und der Umwelt zumuten möchte. 

Alternativen…

Mein erster To Go Becher war von Emsa, das ist aber über zehn Jahre her. Er war komplett dicht, mit Doppelwand und aus Kunststoff, aber ich fand keine richtig verlässlichen Angaben zu den verwendeten Kunststoffen. Das ist heute definitiv anders. Jedenfalls wollte ich ihn deshalb nicht mehr verwenden und habe ich ihn an jemanden weitergegeben, der diese Bedenken nicht teilte. Danach kam ich einige Jahre auch gut ohne einen Becher aus.

Man braucht nicht zwingend einen klassischen Becher. Das funktioniert auch prima mit einer kleinen Passataflasche oder einem klassischen Schraubglas und einem Stoffband drum herum… Mal wieder hilft es, sich im Haushalt umzuschauen und kreativ zu werden. Das nachhaltigste steht bei dir bereits im Schrank.

2014 haben wir auf einer längeren Reise die KeepCup Becher kennengelernt. Damals gab es sie nur aus recyceltem, BPA und BPS-freien Kunststoff und günstig waren sie auch nicht gerade. Trotzdem war das so viel besser, als täglich Einwegbecher zu konsumieren. Beide bunten Becher begleiten uns heute noch, obwohl der größere mittlerweile undicht ist. Ich habe mir daher vor einem Jahr über Ebay Kleinanzeigen einen neuen aus Glas geschenkt und bin begeistert. Spülmaschinenfest, geschmacksneutral und so viel langlebiger und ästhetischer als ein Wegwerfprodukt. Mir ist leider der kleine Deckel oben gebrochen, war aber meine Schuld, die sind nicht empfindlich. Aber sehr cool: KeepCup bietet die meisten Teile einzeln auf der Website an. Sie waren super hilfsbereit und haben mir geholfen, das passende Ersatzteil zu finden. Somit habe ich für eine Investition von 2,50 € meinen Becher repariert.

Daher habe ich sonst auch noch keine anderen Hersteller ausprobiert. Ich denke mittlerweile gibt es hier aber viele tolle Produkte, die genau in deinen Alltag passen. Einen kleinen Leitfaden, wie du bewusstere Konsumentscheidungen treffen kannst, habe ich in einem anderen Beitrag zusammengefasst. Diese 5 Fragen helfen uns sehr in unserem Alltag. wenn wir etwas anschaffen möchten.

Wenn du Empfehlungen hast, dann lass sie gerne in den Kommentaren da, für alle anderen die noch auf der Suche sind. 

Mehr Zeit statt Zeug

Ach ja, etwas Wichtiges zum Schluss, das bei uns im Alltag leider gern vergessen geht:
Wäre es nicht am Schönsten, wenn wir gar keine Mehrwegbecher benötigen würden, weil wir uns einfach Zeit nehmen? Zehn Minuten Zeit, um sich hinzusetzen, aus einer echten Tasse zu trinken und das an einem echten Tisch? Einfach nur genießen? Zeit mit anderen oder einfach nur mit einem selbst. Das wäre doch eigentlich viel schöner, oder nicht? 😉

Ich genieße jetzt auf jeden Fall einen feinen Samstagskaffee in unserer Küche und beobachte den riesigen Buntspecht, der die Meisenknödel vernichtet. 💚

Werbung unbezahlt, da Markennennung
Quellen und weitere Infos: DUH, Umweltbundesamt